Das Märchen der schlafenden Schönheit existiert seit Jahrhunderten in vielen Versionen. Zwei davon haben unsere Vorstellung besonders stark geprägt, nämlich die von Charles Perrault (»La Belle au Bois Dormant« von 1679) und natürlich »Dornröschen« der Gebrüder Grimm (1812). In beiden steht eine verfluchte Prinzessin im Mittelpunkt, deren Schicksal unwiderruflich mit dem ihres schlafenden Reiches verbunden ist und die nur durch einen Königssohn reinen Herzens geweckt werden kann. Doch es gibt auch eine andere, ungleich düsterere Variante des Märchens: In einer katalanischen Novelle aus dem frühen 14. Jahrhundert beschreibt ein unbekannter Autor eine Welt, die von rohem Verlangen und tierischen Trieben regiert wird, ein erstickend dunkles Universum, das gänzlich unmärchenhaft wirkt...
Die verschiedenen Varianten des Märchens, das im deutschsprachigen Raum meist als »Dornröschen« bekannt ist, sind das Thema dieser Graphic Novel aus der Serie »Mythen der Welt«.
Der Mensch ist das einzige bekannte Lebewesen, das Geschichten erzählt. Mythen, Sagen und Legenden prägen und leiten uns, ob als mündliche Überlieferung am Lagerfeuer, als sinnstiftendes Epos für Völker und Nationen oder als postmodern definiertes Narrativ. In »Mythen der Welt« widmen sich der ehemalige französische Bildungsminister Luc Ferry und die Szenaristin Clotilde Bruneau den Ursprüngen jener Geschichten, welche die Zeiten überdauert haben und die uns auch heute noch inspirieren, schockieren und faszinieren. Jeder Band präsentiert eine vollständige Erzählung, die sorgfältig adaptiert und bildschön als Comic umgesetzt wird und deren philosophisches und kulturelles Erbe in einem umfassenden Ergänzungsteil erläutert wird.