Manche werden von einem zwei Meter großen Hasen begleitet, für andere ist ihr bester Kumpel ein Stofftiger, mit dem sie die tollsten Abenteuer erleben (und der zum Glück oft deutlich klüger ist als sie selbst). Kurt Cobain, ehedem Frontmann der Kultband Nirvana, hatte mit fünf Jahren ein Alter Ego namens Boddah, als ein Schuldiger für das Quälen von Nachbars Katze gesucht wurde. Und das ihn zeit seines Lebens nicht wieder losließ. Boddah war fortan immer dabei. Als Cobain mit fünfzehn »Kill Your Parents« an die Schulwand sprühte. Als er anfing, Musik zu machen, um in der provinziellen Ödnis westlich von Seattle Halt und Orientierung zu finden. Bei den ersten Auftritten, den ersten Tourneen. Dem Welterfolg, den Drogenexzessen, um seine chronischen Schmerzen zu betäuben: Boddah bekam alles mit, hautnah. Die Ängste, die Depressionen. Vor allem aber Kurt Cobains amour fou, seine irrwitzige Liebe zu Courtney Love – zwei verwandte, ähnlich zerrissene Seelen, wie füreinander bestimmt. Durch diese Liebe konnte er seine abgründige Einsamkeit überwinden. Und an ihr ist er letztlich verzweifelt. »Boddah« ist eine Art alternativer Autobiografie, garantiert nicht autorisiert. Aber bestens informiert und von Nicolas Otero perfekt umgesetzt: gleichzeitig reduziert und explosiv wie ein Grunge-Song. Auffällig: so überschwänglich-exzessiv und manisch-depressiv, wie Kurt Cobain auftritt, so cool und reflektiert kommentiert sein imaginärer Freund Boddah das Geschehen. Das tragische Ende ist bekannt. Als Cobain glaubte, seine innere Zerrissenheit nicht mehr ertragen zu können, nahm er sich schließlich selbst das Leben. Sein Abschiedsbrief war gerichtet an – Boddah.